Der Industriestrompreis kommt (nicht)!

Olivia Matondo
25.7.2025

Die Diskussion um den Industriestrompreis hat in den vergangenen Monaten für Verwirrung und Unsicherheit gesorgt. Die ursprünglich geplante staatliche Strompreisbremse für energieintensive Unternehmen wird nicht umgesetzt – stattdessen setzt die Bundesregierung auf marktbasierte Impulse und gezielte Förderprogramme. Unternehmen müssen nun eigenverantwortlich handeln, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Welche Handlungsspielräume bestehen, analysierten Maximilian Dekorsy (Gründer von ecoplanet) und Sandra Talhof (Rechtsanwältin, Partnerin bei Ziska & Talhof) in einem gemeinsamen Webinar. Im Fokus standen rechtliche Hintergründe, Marktmechanismen und konkrete Strategien zur Stromkostenoptimierung.

Die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick

  • Kein flächendeckender Industriestrompreis: Die Bundesregierung verzichtet auf eine pauschale Entlastung über staatlich garantierte Preise. Stattdessen wird auf gezielte Förderung einzelner Industrien und Marktanreize gesetzt.

  • Komplexe Förderlandschaft: Beispiele wie Strompreiskompensation, Stromsteuerrückerstattung oder Transformationszuschüsse zeigen: Förderprogramme sind oft mit erheblichem bürokratischem Aufwand und langen Wartezeiten verbunden – das dürfte auch beim Industriestrompreis nicht anders sein.

  • Markt bleibt volatil: Unternehmen müssen zunehmend in der Lage sein, Preisrisiken selbst zu managen. Spot- und Terminmarktstrategien gewinnen an Bedeutung.

  • Transparenz im Verbrauch als Schlüssel: Wer seine Lastgänge kennt, kann Lastspitzen glätten, Beschaffungszeitpunkte optimieren und dadurch signifikant Kosten senken.

  • Simulationen bieten strategischen Vorteil: Auf tatsächlichen Lastgängen basierende Tools ermöglichen eine realistische Bewertung von Szenarien – etwa für Batteriespeicher, Lastverschiebung oder hybride Beschaffungsmodelle.


Anspruch auf Industriestrompreis? Nur mit KUEBLL-Status

Der Industriestrompreis kommt – allerdings nur für eine eng umrissene Gruppe von Unternehmen. Anspruchsberechtigt sind ausschließlich Betriebe, die auf der sogenannten KUEBLL-Liste geführt werden. Dabei handelt es sich um besonders energie- und handelsintensive Unternehmen, die den beihilferechtlichen Vorgaben der EU entsprechen.

Typischerweise umfasst diese Gruppe:

  • Unternehmen mit außergewöhnlich hohem Stromverbrauch
  • Branchen, die im intensiven internationalen Wettbewerb stehen
  • Betriebe, die auch im Kontext des europäischen Emissionshandels (EU-ETS) oder der Strompreiskompensation regelmäßig als entlastungswürdig gelten

Die Kriterien für die Aufnahme in die KUEBLL-Liste basieren auf einem standardisierten EU-Indikator aus Stromkostenintensität und Handelsintensität. Unternehmen, die nicht auf dieser Liste stehen, erhalten keine staatlich garantierte Preisabsicherung und müssen ihre Stromkosten eigenständig optimieren.

Der Markt verlangt neue Strategien

Ohne staatlich fixierten Preis wird der Markt zur zentralen Stellgröße. Unternehmen müssen sich stärker mit dem Timing und der Struktur ihrer Strombeschaffung beschäftigen. Klassische Jahresfixierungen verlieren an Bedeutung – flexible Modelle (z. B. Spot, Tranche, Kombinationen) bieten Chancen, aber erfordern auch operative Kompetenz.

Zugleich verändert die Einführung dynamischer Netzentgelte ab 2026 die Kalkulationsgrundlage: Zeitvariabler Verbrauch, gezieltes Lastmanagement und der Einsatz von Speichern gewinnen weiter an Relevanz.

Drei Hebel zur Senkung der Stromkosten

Besonders hervorzuheben sind drei zentrale Ansatzpunkte:

  1. Optimierung des Arbeitspreises
    Durch marktgerechte Beschaffungsstrategien, z. B. Spotmarktorientierung oder gezielte Tranchenmodelle, lassen sich erhebliche Einsparungen realisieren.

  2. Optimierung der Netzentgelte
    Flexible Verbraucher können von atypischer Netznutzung und dynamischen Preissignalen profitieren – insbesondere in Kombination mit Batteriespeichern.

  3. Optimierung von Abgaben und Umlagen
    Steuervergünstigungen, Spitzenausgleich oder Entlastungen für bestimmte Verbrauchergruppen sollten regelmäßig geprüft und ausgeschöpft werden.

Ein übergeordnetes Energiemonitoring ist dabei unverzichtbar, um Einsparpotenziale überhaupt zu erkennen und Prozesse datenbasiert zu steuern.

Fazit: Strategisch statt subventioniert

Die Absage an den Industriestrompreis zwingt Unternehmen zur Eigeninitiative – bietet aber auch Gestaltungsspielräume. Wer heute die richtigen Weichen stellt, kann sich unabhängig von kurzfristiger Politik wirtschaftlich aufstellen.

ecoplanet unterstützt mit fundierten Lastganganalysen, flexiblen Beschaffungsmodellen und digitalen Tools. In Kombination mit der rechtlichen Expertise von Kanzleien wie Ziska & Talhof lassen sich Risiken minimieren und Chancen gezielt nutzen.