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ecoplanet press - Handelsblatt: "Fast alle können Stromkosten zweistellig senken"

Maximilian Dekorsy
Mar 28, 2024
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München. Wie groß der Kostendruck auf den Mittelstand ist weiß Ecoplanet-Gründer Maximilian Dekorsy aus eigener Erfahrung. Seine Familie musste 2008 ihr Kunststoff-Unternehmen aufgeben die Fertigung in Deutschland lohnte sich nicht mehr.

Und inzwischen hat sich die Situation im Mittelstand aufgrund der gestiegenen Energiekosten sogar verschärft Experten fürchten eine Deindustrialisierung in Deutschland. Das Start-up Ecoplanet will dem entgegenwirken es bietet Energiemanagement für Unternehmen an. Dekorsy ist überzeugt: „Fast alle Firmen können ihre Stromkosten noch prozentual zweistellig senken.“ Und mit einer Finanzierungsrunde hat sich das Jungunternehmen jetzt 3,5 Millionen Euro Kapital für die Expansion gesichert.

Im Geschäftsfeld Energiemanagement sind bereits zahlreiche Anbieter aktiv auch große Unternehmen wie Siemens und Schneider Electric. Ecoplanet sei jedoch der einzige Anbieter der einen ganzheitlichen Ansatz habe sagt Mitgründer Henry Keppler. „Bislang wurde Energie immer nur in Silos betrachtet nämlich beim Einkauf und beim Verbrauch.“ Dies wolle Ecoplanet ändern.

Ein intelligenterer Einsatz von Energie ist heute möglich weil sich zum Beispiel die Sensorik verbessert hat und es smarte Stromzähler gibt. Die Lösung von Ecoplanet überwacht mithilfe eines Cockpits permanent den Stromverbrauch von Maschinen im laufenden Betrieb. Analysesoftware die auch auf weitere Daten zugreift soll Stromfresser und Abweichungen entdecken – und zeigen wo sich der Verbrauch senken lässt.

Hinzu kommt nun die Verknüpfung mit dem Stromeinkauf um variable Tarife nutzen zu können. Die Software könne mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) ermitteln in welchen Stunden der Stromtarif am günstigsten ist sagt Keppler. Und die Anlagen dann in diesem Zeitraum anschalten: „Manche Werkzeugmaschinen laufen auch in einer Geisterschicht in der Nacht.“

Die ganze Energiebranche befinde sich in einer Transformation sagt Keppler: „Früher richtete sich die Erzeugung nach dem Verbrauch.“ Kraftwerke wurden hochgefahren wenn die Nachfrage besonders groß war. Heute müsse sich der Verbrauch dagegen nach der Erzeugung richten. Im Idealfall werden Maschinen hochgefahren wenn die Preise günstig sind. Energiemanagement-Software kann solche Potenziale entdecken und verwerten – wo es denn möglich ist.

Ab etwa drei Gigawattstunden Stromverbrauch im Jahr lohnt sich das System sind sie bei Ecoplanet überzeugt. „Wir sind sicher, dass alle Kunden mindestens doppelt so viel einsparen wie wir sie kosten“ sagt Dekorsy.

Relevant sei die Technologie für energieintensive Industrieunternehmen ebenso wie für zum Beispiel Pflegeheimbetreiber und Autowerkstätten. Mittelständische Kunden wie GHV Schmiedetechnik und der Filteranlagen-Spezialist Büchel haben laut Unternehmensangaben zehn bis 15 Prozent Energiekosten eingespart.

Ähnliche Ansätze gibt es auch im Privatkundenbereich. So hat zum Beispiel der Heizungs-App-Spezialist Tado die österreichische Firma Awattar übernommen und einen Spezialisten für die Flexibilitätsvermarktung von Strom in sein Angebot integriert.

Mithilfe der IT-Plattform aus Wien sollen die Tado-Nutzer etwa ihr Elektroauto oder den Pufferspeicher der Wärmepumpe dann aufladen wenn der Strom besonders günstig ist. Das gilt vor allem wenn viel Wind- oder Sonnenenergie ins Netz eingespeist wird. In teuren Phasen kann das System den Ladevorgang unterbrechen.

Die Elektromobilität bietet dabei selbst als Teil des Netzes neue Möglichkeiten – als Energiespeicher. Elektroautos können günstigen Strom auf Vorrat aufnehmen. Zusammen mit einer Wallbox, einer eigenen Wärmepumpe oder den Solarzellen auf dem Dach entsteht ein smartes Energiesystem.

Am Marktpotenzial für smarte Energiesysteme wollen viele Unternehmen mitverdienen. So wirbt Eon für ein „Kombi-Angebot“ mit „Eon Wallbox“ und „günstigem Ladestrom für Ihr E-Auto“. Bosch stellt auf seiner Internetseite einen „Energiemanager“ vor, der bei Hausbesitzern den selbst produzierten Solarstrom intelligent auf Wärmepumpe und andere Elektrogeräte verteilt.

Weltweit entsteht ein Milliardenmarkt. Energiemanagement bedeute den Einsatz von „effektiven Werkzeugen“, um die Effizienz zu erhöhen, heißt es im Bundeswirtschaftsministerium. Die Bundesregierung unterstütze den Erwerb und die Installation von Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie Sensorik zur Einbindung in ein Energie- oder Umweltmanagementsystem daher mit bis zu 40 Prozent der förderfähigen Kosten. Auch die Software.

Und auch in anderen Ländern wächst die Nachfrage. Die Experten von Mordor Intelligence rechnen damit, dass der weltweite Markt für Energiemanagement-Systeme sich bis 2029 auf 114 Milliarden Dollar verdoppeln wird. Der Druck, Kosten und CO2-Ausstoß zu reduzieren, treibt die Branche ebenso voran wie neue Technologie.

Ecoplanet kam im ersten Jahr nach Markteinführung auf siebenstellige Umsätze. „Mittelfristig wollen wir Erlöse von 100 Millionen Euro erzielen“, gibt Dekorsy als Ziel aus. Der Druck auf die Unternehmen, die Effizienz zu verbessern, werde wegen des Klimawandels und der hohen Stromkosten hoch bleiben. Zudem müssten die Unternehmen immer höhere regulatorische Anforderungen erfüllen, zum Beispiel aus dem Energieeffizienzgesetz.

Zu den Investoren der jüngsten Finanzierungsrunde gehört wie bei der ersten Seed-Runde HV Capital. Zu den Anteilseignern gehört zudem weiterhin Ex-Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, der seine Expertise als Vorsitzender des Industriebeirats einbringt.

Quelle: Handelsblatt.com vom 28.03.2024 Rubrik: Unternehmen Mittelstand Familienunternehmer Dokumentnummer: HB_100023689

Erstpublikation: 27.03.2024, 11:16 Uhr. Höpner, Axel

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