Wie können Unternehmen negative Strompreise nutzen?

Olivia Matondo
10.7.2025

In Zeiten steigender Energiekosten bieten negative Preise am Strommarkt eine überraschende Chance für Unternehmen. Dieses Phänomen tritt immer häufiger auf und ermöglicht es Betrieben, nicht nur Kosten zu sparen, sondern sogar für den Stromverbrauch bezahlt zu werden.

Negative Strompreise in Kürze:

  • Es entstehen negative Strompreise durch überschüssigen Strom, besonders bei hoher Einspeisung aus erneuerbaren Energien und geringer Nachfrage am Strommarkt.
  • Die Häufigkeit negativer Strompreise steigt kontinuierlich – 2024 gab es bereits 457 Stunden mit negativen Strompreisen, ein deutlicher Anstieg gegenüber 301 Stunden in 2023.
  • Unternehmen können durch flexible Produktionsprozesse, Energiespeicher und intelligentes Lastmanagement erhebliche Kosteneinsparungen erzielen.
  • Die nötige Technologie umfasst Smart Meter, Energiemanagementsoftware wie ecoplanet und automatisierte Steuerungssysteme für dynamische Stromtarife.

Was sind negative Strompreise und wie entstehen sie?

Wenn an der Strombörse mehr Strom angeboten als nachgefragt wird, können die Preise unter null fallen. In diesem Fall werden Verbraucher für den Stromverbrauch bezahlt, statt zu zahlen – ein Mechanismus, der dem klassischen Prinzip von Angebot und Nachfrage folgt.

Die Hauptursachen für diese ungewöhnliche Preisbildung:

  • Hohe Einspeisung aus erneuerbaren Energien an sonnigen und windigen Tagen
  • Geringe Nachfrage an Feiertagen oder Wochenenden
  • Begrenzte Flexibilität konventioneller Kraftwerke, die nicht schnell genug heruntergefahren werden können
  • Unzureichende Speicherkapazitäten im Stromnetz für überschüssigen Strom

Seit ihrer Einführung 2008 hat die Häufigkeit von Stunden mit negativen Preisen kontinuierlich zugenommen. Mit dem EEG 2014 wurde die sogenannte 6-Stunden-Regelung eingeführt, die später im EEG 2021 zur 4-Stunden-Regel verschärft wurde. Diese Regelung besagt, dass bestimmte Anlagen in der Direktvermarktung nach vier direkt aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Preisen keine Marktprämie mehr erhalten. Trotz dieser Maßnahme steigt die Anzahl der Stunden mit negativen Preisen weiter an, auch begründet mit der EEG-Umlage.

Der Day-Ahead-Markt zeigt besonders deutlich, wie diese Preisdynamik funktioniert: Hier werden Strompreise für den Folgetag festgelegt, und bei Überangebot können diese ins Negative rutschen. Besonders an Pfingstwochenenden oder anderen Feiertagen mit hoher Sonneneinstrahlung und Windaufkommen bei gleichzeitig niedrigem Verbrauch ist dieses Phänomen zu beobachten.

Welche Unternehmen können von negativen Strompreisen profitieren?

Nicht jedes Unternehmen kann diese besonderen Marktbedingungen gleichermaßen nutzen. Die Fähigkeit, den Energieverbrauch flexibel zu gestalten, ist entscheidend für den Erfolg.

Wer besonders profitiert:

  • Produzierende Industrie mit energieintensiven, zeitlich flexiblen Prozessen
  • Kühlhäuser und Logistikunternehmen mit steuerbaren Kühlanlagen
  • Unternehmen mit Batteriespeichern oder anderen Energiespeichersystemen
  • Betriebe mit Elektrolyseuren zur Wasserstoffproduktion
  • Unternehmen mit Elektrofahrzeugflotten, deren Ladung zeitlich flexibel ist

Industrieunternehmen nehmen hier eine besonders wichtige Rolle ein, da sie in Deutschland aktuell etwa 42 % des Stroms verbrauchen. Bei negativen Preisen können sie nicht nur ihre Energiekosten senken, sondern unter Umständen sogar Geld dafür erhalten, dass sie den überschüssigen Strom abnehmen.

Entscheidend ist jedoch, dass Unternehmen Zugang zu dynamischen Stromtarifen haben, die die Schwankungen des Strompreises an der Börse abbilden. Nur so können die Vorteile der negativen Preise tatsächlich an die Verbraucher weitergegeben werden.

Wie können Unternehmen ihren Verbrauch an negative Strompreise anpassen?

Um von diesen besonderen Marktbedingungen zu profitieren, müssen Unternehmen ihre Energienutzung strategisch planen und flexibel gestalten. Dies erfordert sowohl technische als auch organisatorische Anpassungen.

Flexibilisierung des Energieverbrauchs

  • Identifizierung von zeitlich flexiblen Prozessen, die in Phasen mit günstigen Preisen verschoben werden können
  • Verlagerung von energieintensiven Produktionsschritten gezielt in Zeitfenster mit prognostizierten negativen Preisen
  • Implementierung von automatisierten Steuerungssystemen für das Lastmanagement, die auf Preissignale reagieren
  • Nutzung der Möglichkeit, bei besonders günstigen Preisen die Produktion zu intensivieren

Energiespeicherlösungen nutzen

  • Batteriespeicher in Niedrigpreisphasen laden und bei höheren Preisen entladen
  • Thermische Speicher für Wärme oder Kälte einsetzen, um Energie in anderer Form zu speichern
  • Power-to-X-Technologien für die Umwandlung in andere Energieformen wie Wasserstoff nutzen
  • Elektrofahrzeuge als mobile Speicher einsetzen und deren Ladung intelligent steuern

Produktionsprozesse optimieren

  • Produktionsplanung an Strompreisprognosen ausrichten und flexibilisieren
  • Wartungsarbeiten strategisch in Hochpreisphasen durchführen
  • Prozesse mit variabler Leistung entwickeln, die an unterschiedliche Energieverfügbarkeiten angepasst werden können
  • Bei eigener Stromerzeugung (z. B. durch PV-Anlagen) die Produktion bei niedrigen Netzentgelten herunterfahren

Welche technischen Voraussetzungen sind für die Nutzung negativer Strompreise nötig?

Die erfolgreiche Nutzung dieser besonderen Marktbedingungen erfordert eine geeignete technische Infrastruktur. Diese ermöglicht es, Preissignale zu erkennen und automatisch darauf zu reagieren.

Smart Meter und intelligente Messsysteme

  • Viertelstundengenaue Verbrauchserfassung für präzise Abrechnung
  • Echtzeitübertragung von Daten zur schnellen Reaktion auf Preisschwankungen
  • Bidirektionale Kommunikation mit dem Energieversorger oder der Strombörse
  • Grundlage für die Teilnahme an dynamischen Tarifen und flexiblen Strompreismodellen

Energiemanagementsoftware

  • Analyse von Strompreisdaten und Verbrauchsmustern für optimale Entscheidungen
  • Prognose von Preisschwankungen basierend auf historischen Daten und aktuellen Marktbedingungen
  • Automatisierte Entscheidungsfindung für den optimalen Energieeinsatz
  • Integration mit Produktionsplanungssystemen für ganzheitliche Optimierung

Eine moderne Energiemanagementsoftware wie ecoplanet kann dabei helfen, diese technischen Voraussetzungen zu erfüllen und den Prozess der Nutzung von Preisschwankungen zu automatisieren.

Fazit: Negative Strompreise als strategische Chance

Die zunehmende Häufigkeit von Stunden mit negativen Preisen ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern wird mit dem weiteren Ausbau erneuerbarer Energien weiter zunehmen. Für vorausschauende Unternehmen bietet diese Entwicklung eine einzigartige Chance, Energiekosten zu senken und gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.

Die erfolgreiche Nutzung erfordert ein tiefes Verständnis der eigenen Energieverbräuche, die richtige technische Infrastruktur und flexible Prozesse. Unternehmen, die jetzt in entsprechende Technologien und Prozesse investieren, verschaffen sich nicht nur kurzfristige Kostenvorteile, sondern positionieren sich auch optimal für die Energiemärkte der Zukunft.

Die Integration von Smart Metern, dynamischen Stromtarifen und intelligenten Energiemanagementsystemen wie ecoplanet bildet die Grundlage für ein zukunftsfähiges Energiemanagement, das die Chancen des modernen Strommarktes optimal nutzt. Durch die gezielte Steuerung des Energieverbrauchs in Abhängigkeit von den Preissignalen können Unternehmen nicht nur ihre Kosten senken, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes leisten.

Quellen: