Die Energiewende verändert alles – aber nicht alle Unternehmen sind bereit!
Die deutsche Wirtschaft steht vor einem Paradigmenwechsel: Während die Energiewende voranschreitet, kämpfen Unternehmen mit steigenden Energiekosten und zunehmender Komplexität bei der Energiebeschaffung. In einem gemeinsamen Webinar analysierten Maximilian Dekorsy (Gründer von ecoplanet) und Dr. Niklas Wenz (Referatsleiter bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer) die aktuellen Herausforderungen und zeigten konkrete Lösungsansätze für ein zukunftsfähiges Energiemanagement auf.
Im Fokus standen die fundamentalen Veränderungen des Energiemarktes, neue Beschaffungsstrategien und die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung von Energiebeschaffung und -effizienz.
Die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick
Drei Megatrends prägen die Energiezukunft: Komplexität, Volatilität und Flexibilität werden zu den entscheidenden Faktoren im Energiemanagement. Unternehmen müssen sich auf neue Verfahren und digitale Partner einstellen.
Der Arbeitspreis bleibt der größte Hebel: Trotz aller Diskussionen um Netzentgelte und Umlagen – die Optimierung des Arbeitspreises bietet nach wie vor das größte Einsparpotenzial für Unternehmen.
Gesamtoptimierung statt Einzellösungen: Die Zukunft gehört der integrierten Betrachtung von Energiebeschaffung, Eigenverbrauch, Speichertechnologien und Flexibilisierung der Produktionsprozesse.
Moderne Beschaffungsmodelle werden Standard: Reine Festpreisverträge verlieren an Bedeutung. Tranchenmodelle und hybride Ansätze mit Spot-Komponenten ermöglichen eine bessere Kostenoptimierung.
KI und Digitalisierung als Enabler: Moderne Tools und künstliche Intelligenz helfen dabei, die wachsende Komplexität zu bewältigen und fundierte Entscheidungen zu treffen.
Von der Windmühle zur Energiewende: Ein historischer Wandel
Die Energieversorgung durchlebt einen fundamentalen Wandel, der sich in drei historischen Phasen vollzogen hat:
Phase 1: Dezentrale Nähe (bis zur Industrialisierung) Jahrhundertelang waren Produktion und Energieerzeugung räumlich eng miteinander verbunden. Der Bäcker arbeitete direkt neben der Windmühle, die Schmiede lag am Bach – Erzeugung und Verbrauch fanden an Ort und Stelle statt, bevor es überhaupt Stromleitungen gab.
Phase 2: Zentralisierte Versorgung (Industriezeitalter) Mit der Verstädterung und dem Bau von Großkraftwerken rückte die Energieerzeugung zwar räumlich von den Produktionsstätten weg, aber die großen Anlagen der Energieerzeugung befanden sich immer noch in der Nähe der Produktionsstätten. Das System blieb überschaubar und planbar.
Phase 3: Komplexe Vernetzung (Energiewende) Mit der Energiewende entstand eine völlig neue Komplexitätsebene: Produktionsstandorte und Energieerzeugung sind heute hochkomplex und regional höchst unterschiedlich verteilt. Verschiedene Erzeugungstechnologien – von Biomasse über Wasserkraft bis hin zu Wind und Solar – bringen unterschiedliche Volatilitäten mit sich und produzieren zu unterschiedlichen Zeiten.
Diese Entwicklung zwingt sowohl Erzeuger als auch Verbraucher dazu, sich auf neue Flexibilitätsanforderungen einzustellen und neue Prozesse zu etablieren. Digitalisierung und Technologie werden zu unverzichtbaren Partnern in diesem komplexen System.
Neue Beschaffungsstrategien für volatile Märkte
Die klassischen Beschaffungsmodelle stoßen an ihre Grenzen:
Festpreisverträge bieten zwar Planungssicherheit, sind aber unflexibel und beinhalten hohe Risikoprämien der Versorger.
Reine Spot-Beschaffung ermöglicht die Teilhabe an günstigen Marktpreisen, birgt aber das Risiko extremer Preisausschläge.
Tranchenmodelle als Mischform gewinnen an Bedeutung: Sie kombinieren langfristige Planungssicherheit mit der Flexibilität, von günstigen Marktphasen zu profitieren.
Die Erstoptimierung liegt in intelligenten Tranchenmodellen und durchdachten Hedging-Strategien. Unternehmen, die das gesamte Potenzial schöpfen möchten, müssen verstehen, dass sich Marktseite und Infrastrukturseite miteinander verbinden lassen.
Die Zukunft gehört der Gesamtoptimierung
Ein zentraler Punkt des Webinars war die Erkenntnis, dass Energieoptimierung heute ein Gesamtoptimierungsthema ist. Unternehmen müssen verschiedene Komponenten integriert betrachten:
Energiebeschaffung: Intelligente Mischung aus Fest- und Spotpreiskomponenten Eigenverbrauch: Integration von PV-Anlagen und anderen erneuerbaren Energien Speichertechnologien: Batteriespeicher zur Flexibilisierung des Verbrauchs Lastmanagement: Anpassung der Produktionsprozesse an Preissignale
Diese Komplexität erfordert moderne Tools und Analysemethoden. Moderne Modelle helfen dabei, Themen zu analysieren und die Energiebeschaffung zu optimieren, ohne zusätzlichen Aufwand auf Unternehmensseite zu erzeugen. Dabei kommen zunehmend KI-gestützte Systeme zum Einsatz, die komplexe Datenanalysen und Optimierungen automatisiert durchführen.
Praktische Handlungsempfehlungen
Sofort umsetzbar:
- Analyse der aktuellen Beschaffungsstrategie und Prüfung von Tranchenmodellen
- Bewertung des Potenzials für Eigenverbrauch durch PV-Anlagen
- Implementierung eines systematischen Energiemonitorings
Mittelfristig strategisch:
- Integration von Speichertechnologien in die Energiestrategie
- Flexibilisierung von Produktionsprozessen für Lastmanagement
- Aufbau digitaler Kompetenzen im Energiemanagement
Langfristig transformativ:
- Entwicklung einer ganzheitlichen Energiestrategie bis 2030
- Investition in moderne Energiemanagement-Software
- Aufbau von Partnerschaften mit Technologie- und Beratungsunternehmen
Fazit: Jetzt handeln statt warten
Die Energiewende wartet nicht – Unternehmen, die jetzt die richtigen Weichen stellen, sichern sich entscheidende Wettbewerbsvorteile. Während viele noch auf politische Entscheidungen warten, können proaktive Unternehmen bereits heute durch intelligente Beschaffungsstrategien und ganzheitliche Energieoptimierung signifikante Kosteneinsparungen realisieren.
Die Kombination aus modernen Beschaffungsmodellen, eigener Energieerzeugung und digitalen Tools schafft die Grundlage für ein zukunftsfähiges Energiemanagement. Unternehmen, die diese Transformation jetzt angehen, werden in drei bis fünf Jahren deutlich wettbewerbsfähiger sein.
ecoplanet unterstützt mit datenbasierten Analysen, flexiblen Beschaffungsstrategien und KI-gestützten Tools. Durch den Austausch mit Branchenexperten wie der IHK entstehen maßgeschneiderte Lösungen für die Energieherausforderungen von morgen.