Mit der Energiewende und dem massiven Ausbau erneuerbarer Energien steht auch das Stromnetz vor einem Wandel. Die Bundesnetzagentur hat im Mai 2025 ein grundlegendes Diskussionspapier veröffentlicht, das die Grundlage für eine neue, zeitgemäße Netzentgeltsystematik Strom (AgNes) bildet. Im Zentrum vieler Überlegungen steht dabei ein Konzept mit enormem Transformationspotenzial: dynamische Netzentgelte.
Was sind dynamische Netzentgelte?
Dynamische Netzentgelte sollen die Netznutzung zeitlich und regional differenziert bepreisen. Statt statischer Arbeitspreise und pauschaler Leistungsentgelte spiegeln sie die tatsächliche Netzbelastung wider – in Echtzeit oder vordefinierten Zeitfenstern. So entsteht ein Preissignal, das Lastverschiebung und netzdienliches Verhalten fördert.
„Die kurzfristigen Grenzkosten des Netzes bei zusätzlichem Stromverbrauch sind dabei zeitlich und örtlich variabel.“
— Diskussionspapier AgNes, Kapitel V.3
Warum braucht es eine Reform?
Das aktuelle System basiert auf jahreszeitlich gleichmäßigen Entgelten und historisch geprägten Lastmodellen. Doch das passt nicht mehr zur Realität:
- Der Zubau erneuerbarer Energien ist regional ungleich verteilt.
- Die Netznutzung ist durch Prosumer, Speicher und E-Mobilität deutlich volatiler.
- Der Netzausbau verursacht Investitionskosten in Höhe von über 360 Mrd. Euro bis 2045.
Diese Entwicklungen erzeugen Kosten, die im aktuellen System fast ausschließlich von den Verbrauchern getragen werden – nicht jedoch von Einspeisern oder Betreibern von Speichern.
Welche Ziele verfolgt die Bundesnetzagentur?
Das Diskussionspapier benennt vier zentrale Zieldimensionen für eine neue Systematik:
- Kostenorientierung: Faire, verursachungsgerechte Kostenzuordnung.
- Anreizfunktion: Förderung von Flexibilität und Energieeffizienz.
- Finanzierungsbeteiligung: Beteiligung aller Netzakteure – auch Einspeiser.
- Umsetzbarkeit: Praktikable und transparente Umsetzung durch Netzbetreiber und Netznutzer.
Dynamische Netzentgelte sind dabei ein zentraler Baustein, um insbesondere Anreiz- und Kostenlogik zu verbinden.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Dynamische Netzentgelte sind keine theoretische Spielerei – sie werden zum realen Steuerungsinstrument für Energiekosten. Unternehmen mit flexiblen Verbrauchsprozessen oder bereits vorhandener Lastmanagement-Infrastruktur können profitieren:
- Reduktion der Netzentgelte bei netzdienlichem Verbrauchsverhalten
- Wettbewerbsvorteile durch optimierte Standortwahl und Prozesssteuerung
- Effizientere Integration von Eigenstromerzeugung (z. B. PV, BHKW)
Zugleich steigen aber auch die Anforderungen an:
- Transparente Abrechnungssysteme
- Digitale Zählerinfrastruktur (Smart Meter)
- Verständnis und Steuerung der Netzentgeltsignale im Unternehmen
Wie geht es jetzt weiter?
Die Bundesnetzagentur hat mit dem Diskussionspapier bewusst keine endgültige Regelung vorgelegt, sondern sucht den Dialog mit der Öffentlichkeit und den Marktakteuren. Die finale Ausgestaltung dynamischer Netzentgelte – und ob sie verpflichtend, optional oder technologieoffen eingeführt werden – ist Teil dieses Diskurses.
„Der europäische Gesetzgeber benennt als wichtiges Kriterium hierfür den Transparenzgrundsatz.“
— Diskussionspapier AgNes, Kapitel II
Jetzt vertiefen: Webinar zu Chancen und Strategien
Welche konkreten Chancen ergeben sich aus der Reform für Unternehmen? Wie lassen sich Netzentgelte heute schon aktiv gestalten?
👉 Unser Partner-Webinar zeigt praxisnah, wie Unternehmen Netzentgelte nicht nur als Kostenfaktor, sondern als strategische Chance nutzen können:
Optimierte Energiestrategien – Wie Netzentgelte zur größten Chance für Unternehmen werden
Fazit: Zeit für Mitgestaltung
Die Dynamisierung der Netzentgelte ist ein logischer Schritt in einem Energiesystem, das zunehmend dezentral, volatil und digital wird. Unternehmen, die sich frühzeitig mit der Thematik befassen, können nicht nur Kosten sparen, sondern aktiv zur Netzstabilität und zur Energiewende beitragen.
Die Reform ist in vollem Gange – jetzt ist der Moment, sich einzubringen.