Was ist atypische Netznutzung und wie können Unternehmen profitieren?

Olivia Matondo
25.8.2025

Atypische Netznutzung ermöglicht es Unternehmen, ihre Netzentgelte deutlich zu senken – und das gezielt durch die Verlagerung von Lastspitzen außerhalb der Hochlastzeitfenster. Da Netzentgelte bis zu 28 % der Stromkosten ausmachen, lohnt sich diese Option besonders. 

Erfahren Sie hier, wie atypische Netznutzung funktioniert, welche Voraussetzungen gelten und warum Sie spätestens bis Ende September handeln sollten.

Zusammenfassung Atypische Netznutzung 

  • Atypische Netznutzung bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Netzentgelte um bis zu 80 % zu senken, wenn die Lastspitzen außerhalb der Hochlastzeitfenster liegen.
  • Die Antragstellung muss jährlich bis spätestens 30. September erfolgen – Unternehmen sollten jetzt prüfen, ob sie die Voraussetzungen erfüllen.
  • Mit digitalen Energiemanagementlösungen wie ecoplanet können Einsparpotenziale einfach identifiziert und die Umsetzung effizient begleitet werden.

Was ist atypische Netznutzung und für wen lohnt sie sich?

Unternehmen können ihre Netzentgelte reduzieren, wenn sie Strom zu Zeiten mit geringer Netzauslastung verbrauchen. Davon profitieren vor allem stromintensive Betriebe mit vom Standard abweichenden Lastprofilen.

Atypische Netznutzung einfach erklärt
Die atypische Netznutzung ist eine Sonderregelung im deutschen Energierecht, die es Unternehmen ermöglicht, ein individuelles Netzentgelt zu beantragen, wenn sie das Stromnetz zu anderen Zeiten als die Mehrheit der Verbraucher besonders stark belasten. Die gesetzliche Grundlage bildet § 19 Abs. 2 Satz 1 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV). Unternehmen, deren maximale Stromabnahme außerhalb der sogenannten Hochlastzeitfenster liegt, gelten als atypische Netznutzer und können dadurch erhebliche Kostenvorteile realisieren.

Wer kann von atypischer Netznutzung profitieren?
Vor allem produzierende Unternehmen aus dem Mittelstand sowie Filialisten mit mehreren Standorten haben ein großes Potenzial, von atypischer Netznutzung zu profitieren. Voraussetzung ist, dass die Lastspitzen – also der höchste Stromverbrauch – gezielt außerhalb der vom Netzbetreiber definierten Hochlastzeiten fallen.

Besonders interessant ist das Modell für Betriebe mit flexiblen Verbrauchern, wie Kühlanlagen, Speicher oder steuerbare Produktionsprozesse.

Warum sind Netzentgelte ein großer Kostentreiber für Unternehmen?

Netzentgelte sind ein fester Bestandteil der Stromrechnung, doch wie hoch ist ihr Anteil wirklich? Warum lohnt es sich, gerade hier anzusetzen?

Anteil der Netzentgelte an den Stromkosten
Netzentgelte machen in Deutschland durchschnittlich rund 25–28 % der Stromkosten aus – Tendenz steigend. Sie werden von den Netzbetreibern erhoben, um den Ausbau, Betrieb und die Instandhaltung der Stromnetze zu finanzieren. Für viele Unternehmen sind Netzentgelte damit einer der größten beeinflussbaren Kostenblöcke auf der Stromrechnung.

Bedeutung für stromintensive Unternehmen
Gerade im Unternehmen mit hohem Energiebedarf schlagen Netzentgelte besonders zu Buche. Eine Reduzierung dieser Entgelte kann zu massiven Einsparungen führen und die Wettbewerbsfähigkeit deutlich erhöhen. Mit einer Energiemanagementsoftware wie ecoplanet lassen sich solche Potenziale schnell und transparent identifizieren.

Wie funktioniert atypische Netznutzung und wie können Unternehmen Netzentgelte sparen?

Atypische Netznutzung bedeutet, den Stromverbrauch in Zeiten niedriger Netzlast zu verlagern. Entscheidend sind dabei die zugrunde liegende Mechanik und das konkrete Einsparpotenzial für Unternehmen.

Wie funktioniert die Mechanik?
Das Prinzip der atypischen Netznutzung basiert auf der gezielten Steuerung der Lastspitzen. Netzbetreiber definieren jährlich sogenannte Hochlastzeitfenster – Zeiträume, in denen das Netz besonders stark ausgelastet ist. Liegt die Jahreshöchstlast eines Unternehmens außerhalb dieser Fenster und wird eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle überschritten, kann ein individuelles Netzentgelt beantragt werden. Das Netzentgelt wird dann nicht auf Basis der absoluten Jahreshöchstleistung, sondern auf Basis der (niedrigeren) Last im Hochlastzeitfenster berechnet.

Hochlastzeitfenster und Lastverschiebung
Die Hochlastzeitfenster werden von den Netzbetreibern für jede Spannungsebene und jedes Netzgebiet individuell festgelegt und jährlich veröffentlicht. Sie gelten nur an Werktagen. Unternehmen, die ihre Lastspitzen gezielt außerhalb dieser Hochlastzeiten legen – etwa durch intelligentes Lastmanagement oder den Einsatz von Speichern – gelten als atypische Netznutzer.

Erheblichkeitsschwelle und Mindestvoraussetzungen
Um als atypischer Netznutzer anerkannt zu werden, muss die Differenz zwischen der Jahreshöchstlast und der Last im Hochlastzeitfenster einen bestimmten Prozentsatz überschreiten (Erheblichkeitsschwelle). Zudem muss das Verlagerungspotenzial mindestens 100 kW betragen. Auch die jährliche Einsparung durch die atypische Netznutzung muss mindestens 500 Euro betragen.

Atypische Netznutzung Beispiel aus der Praxis
Ein Unternehmen hat eine Jahreshöchstlast von 1.200 kW, im Hochlastzeitfenster liegt die maximale Last bei 700 kW.

Die Erheblichkeit beträgt (1.200–700)/1.200 = 41,7 %.

Bei einem Leistungspreis von 85 €/kW ergibt sich eine jährliche Ersparnis von 42.500 € – das sind rund 42 % weniger Netzentgelte.

Die Umsetzung erfolgt meist durch automatisiertes Lastmanagement.

Bis wann muss der Antrag gestellt werden und warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt zu handeln?

Die atypische Netznutzung bietet große Einsparpotenziale – aber nur, wenn Unternehmen rechtzeitig aktiv werden. 

Antragstellung bis 30. September – das müssen Sie beachten
Der Antrag auf atypische Netznutzung muss jedes Jahr bis spätestens zum 30. September bei Ihrem Netzbetreiber gestellt werden. Eine rückwirkende Beantragung ist nicht möglich.

Die Hochlastzeitfenster für das Folgejahr werden jeweils bis zum 31. Oktober veröffentlicht. Unternehmen sollten daher jetzt prüfen, ob sie die Voraussetzungen erfüllen und alle relevanten Verbrauchsdaten analysieren.

Atypische Netznutzung Leitfaden: So prüfen Sie Ihr Potenzial zur atypischen Netznutzung

  1. Lastgangdaten analysieren: Prüfen Sie Ihre Jahreshöchstlast und die Lastspitzen im Hochlastzeitfenster.
  2. Erheblichkeitsschwelle berechnen: Ermitteln Sie, ob die Differenz zur Jahreshöchstlast groß genug ist.
  3. Einsparpotenzial abschätzen: Kalkulieren Sie die mögliche Reduzierung der Netzentgelte.
  4. Antrag vorbereiten: Stellen Sie alle erforderlichen Unterlagen zusammen und reichen Sie diese fristgerecht bei der zuständigen Regulierungsbehörde ein.
  5. Lastmanagement implementieren: Setzen Sie Maßnahmen um, um die Einhaltung der Kriterien dauerhaft sicherzustellen.

Mit digitalen Energiemanagementlösungen wie ecoplanet erhalten Sie Unterstützung bei der Antragstellung und können anschließend Ihr Lastmanagement kontinuierlich überwachen und steuern, um die Kriterien der atypischen Netznutzung dauerhaft zu erfüllen.

Fazit – Jetzt von den Vorteilen der atypischen Netznutzung profitieren

Atypische Netznutzung ist eine der wirkungsvollsten Maßnahmen, um Netzentgelte zu reduzieren und die Energiekosten nachhaltig zu optimieren. Unternehmen, die ihre Lastspitzen gezielt außerhalb der Hochlastzeitfenster legen und die Voraussetzungen erfüllen, können bis zu 80 % ihrer Netzentgelte einsparen – für viele Mittelständler und Filialisten sind realistische Einsparungen von 20–40 % möglich.

Die Frist zur Antragstellung endet am 30. September des laufenden Jahres, daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, das individuelle Potenzial zu prüfen.

Quellen