Tranchenmodelle im Vergleich – welches passt zu Ihrem Unternehmen?

Olivia Matondo
8.9.2025

Statt auf ein klassisches Festpreismodell zu setzen, greifen immer mehr Betriebe zum Tranchenmodell. Doch welche Variante ist besser geeignet: das horizontale Tranchenmodell, das vertikale Tranchenmodell oder das hybride Tranchenmodell? 

In diesem Artikel erfahren Sie, worin die Unterschiede liegen, welche Vor- und Nachteile die drei Modelle haben und wie Sie entscheiden können, welche Strategie zu Ihrem Unternehmen passt.

Tranchenmodelle in Kürze

  • Statt Energie zu einem festen Zeitpunkt einzukaufen, wird der Bedarf in Teilmengen aufgeteilt - horizontal mit gleich großen Tranchen für Stabilität, vertikal mit flexiblen Tranchen für schwankenden Bedarf oder hybrid als Kombination beider Ansätze.
  • Die optimale Strategie hängt vom Verbrauchsmuster (stabil vs. schwankend), verfügbaren Personalressourcen für Energiemanagement und der Risikobereitschaft des Unternehmens ab.
  • Horizontale Modelle bieten planbare Kosten mit geringem Aufwand, während vertikale Modelle höhere Einsparungspotenziale ermöglichen, aber mehr Expertise und kontinuierliche Marktbeobachtung erfordern.

Warum ist die Wahl des richtigen Tranchenmodells entscheidend?

Steigende Energiepreise, geopolitische Unsicherheiten und der Druck zur Nachhaltigkeit machen es für Unternehmen schwierig, Energie langfristig zu planen. Genau hier setzt das Tranchenmodell an: Statt den gesamten Energiebedarf zu einem festen Zeitpunkt einzukaufen, wird er in Teilmengen – sogenannte Tranchen – aufgeteilt und zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschafft.

Kurz gesagt: Mit einem Tranchenmodell lassen sich Risiken streuen und Marktchancen besser nutzen.

Was ist das horizontale Tranchenmodell?

Das horizontale Tranchenmodell gehört zu den Klassikern in der strukturierten Energiebeschaffung. Doch wie funktioniert es genau und für wen ist es sinnvoll?

Horizontales Tranchenmodell: Definition und Funktionsweise

Beim horizontalen Tranchenmodell wird der gesamte Energiebedarf eines Unternehmens in gleich große Tranchen aufgeteilt. Diese Tranchen werden über einen längeren Zeitraum zu verschiedenen Zeitpunkten beschafft – zum Beispiel quartalsweise oder monatlich. Der Endpreis ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel aller eingekauften Tranchen.

Horizontales Tranchenmodell: Vorteile

  • Gleichmäßige Verteilung des Preisrisikos über verschiedene Zeitpunkte
  • Planbarkeit durch feste, gleich große Tranchen
  • Durchschnittspreis oft günstiger als beim klassischen Festpreismodell
  • Geringerer Aufwand für die laufende Verbrauchsprognose

Horizontales Tranchenmodell: Nachteile

  • Wenig Flexibilität bei schwankendem Verbrauch
  • Starre Tranchengrößen können zu Über- oder Unterdeckung führen
  • Unternehmen profitieren nur begrenzt von extrem niedrigen Marktpreisen

Beispiel eines horizontalen Tranchenmodells 

Ein Maschinenbauer mit konstantem Jahresverbrauch von rund 20 GWh Strom teilt seine Beschaffung in acht gleiche Tranchen auf. Damit reduziert er das Risiko, den gesamten Bedarf zu einem ungünstigen Zeitpunkt einzukaufen und erreicht einen stabilen Durchschnittspreis, der unter dem Marktdurchschnitt liegt.

Was ist das vertikale Tranchenmodell?

Im Gegensatz zum horizontalen Modell setzt das vertikale Tranchenmodell auf variable Teilmengen. 

Vertikales Tranchenmodell: Definition und Funktionsweise

Beim vertikalen Tranchenmodell wird der Energiebedarf nicht in gleich große, sondern in flexible Tranchen aufgeteilt – zum Beispiel in Jahres-, Quartals- oder Monatsprodukte. Jede Tranche wird einzeln beschafft und kann in ihrer Größe variieren. So lässt sich der Einkauf näher am tatsächlichen Bedarf ausrichten.

Vertikales Tranchenmodell: Vorteile

  • Hohe Flexibilität bei schwankendem Energiebedarf
  • Anpassung der Tranchengröße an saisonale oder kurzfristige Bedarfe
  • Möglichkeit, günstige Marktphasen gezielt auszunutzen
  • Vermeidung von Über- oder Unterdeckung

Vertikales Tranchenmodell: Nachteile

  • Erfordert präzise Verbrauchsprognosen und Marktbeobachtung
  • Höherer Planungs- und Verwaltungsaufwand
  • Risiko, kurzfristig zu höheren Preisen einkaufen zu müssen

Beispiel eines vertikalen Tranchenmodells 

Eine Einzelhandelskette mit über 100 Filialen verzeichnet stark schwankenden Energiebedarf: mehr Verbrauch im Sommer (Klimatisierung) und im Winter (Heizung, Beleuchtung). Mit dem vertikalen Tranchenmodell kann das Unternehmen die benötigten Mengen je nach Saison anpassen – etwa höhere Tranchen im Winter, kleinere im Frühjahr.

Was sind die grundlegenden Unterschiede zwischen dem horizontalen und vertikalen Tranchenmodell?

Die Wahl zwischen horizontalem und vertikalem Tranchenmodell ist keine rein technische, sondern eine strategische Entscheidung, die von sechs zentralen Faktoren abhängt:

Tranchengröße und Beschaffungslogik

Horizontale Modelle teilen den Bedarf in gleich große Tranchen, unabhängig von Verbrauchsschwankungen. Vertikale Modelle passen Tranchengröße und Einkaufstiming flexibel an, was mehr Präzision ermöglicht, aber auch mehr Know-how erfordert.

Bedarfstreue und Prognoseanforderungen

Horizontale Modelle ignorieren Verbrauchsschwankungen und riskieren Über- oder Unterdeckungen, vertikale passen sich mit präzisen Prognosen fast perfekt an. Unternehmen mit Smart Metern und Verbrauchsdaten sind dabei im Vorteil.

Marktchancen und Timing-Strategien

Beim horizontalen Modell werden Preisphasen automatisch mitgenommen, ohne aktives Eingreifen. Vertikale Modelle erlauben gezieltes Market-Timing, verlangen aber ständige Marktbeobachtung und schnelle Entscheidungen.

Planungs- und Verwaltungsaufwand

Horizontale Modelle laufen nach Einrichtung fast von allein, vertikale erfordern dagegen laufende Prognosen, Marktbeobachtung und aktive Entscheidungen.

Preisstabilität und Budgetplanung

Horizontale Modelle sorgen für stabile, kalkulierbare Preise. Vertikale Modelle bieten größere Einsparpotenziale, bergen aber auch das Risiko von Preisspitzen.

Risikolevel und Erfolgskontrolle

Horizontale Modelle bergen nur ein geringes, kalkulierbares Risiko, vertikale dagegen höhere Gewinn- wie Verlustrisiken. Falsches Timing kann den Jahreserfolg gefährden, weshalb professionelle Risikokontrolle unerlässlich ist.

Was ist der sogenannte Hybrid-Ansatz? 

Viele erfahrene Energiemanager setzen auf intelligente Kombinationen beider Modelle. Die bewährte 70-30-Regel sieht vor: 70% des prognostizierten Grundbedarfs werden horizontal beschafft, 30% bleiben für vertikale Optimierungen reserviert.

Konkret am Beispiel einer Handelskette

Der winterliche Grundbedarf von 80 GWh wird zu 70% (56 GWh) horizontal über vier Quartale verteilt beschafft. Die restlichen 24 GWh werden vertikal zugekauft – bei günstigen Preisen früh und in größeren Tranchen, bei ungünstigen Marktlagen spät und in kleineren Portionen.

Seasonal-Hybrid-Modelle gehen noch einen Schritt weiter: Wintermonate werden komplett horizontal abgedeckt (wegen hoher Grundlast), Sommermonate zu 100% vertikal (wegen niedriger, variabler Verbräuche). Diese Strategie kombiniert die Vorteile beider Welten optimal.

Portfolio-Management-Ansätze diversifizieren zusätzlich: 50% horizontale Tranchen für Stabilität, 25% vertikale Tranchen für Flexibilität, 25% Spotmarkt-Beschaffung für maximale Marktchancennutzung. Dieser Ansatz erfordert allerdings erhebliche Expertise und ist nur für größere Unternehmen wirtschaftlich darstellbar.

Welches Tranchenmodell passt zu Ihrem Unternehmen?

Die optimale Wahl zwischen horizontalem und vertikalem Tranchenmodell ergibt sich aus vier zentralen Unternehmensmerkmalen: Verbrauchsprofil, verfügbare Ressourcen, Risikoappetit und strategische Ausrichtung.

Schritt 1: Verbrauchsmuster analysieren

Dokumentieren Sie Ihren Energieverbrauch der letzten drei Jahre monatsweise. Liegt die Standardabweichung unter 15% des Durchschnitts? Dann sind horizontale Modelle optimal. Schwankt Ihr Verbrauch um mehr als 30% zwischen den Monaten? Vertikale Modelle sind meist überlegen. Im Bereich dazwischen sollten Sie Hybrid-Ansätze prüfen.

Schritt 2: Interne Ressourcen bewerten

Haben Sie weniger als 0,2 Vollzeitäquivalente für Energiemanagement verfügbar? Horizontale Modelle sind praktisch alternativlos. Können Sie 0,5+ Personen abstellen und verfügen Sie über entsprechende Marktexpertise? Dann werden vertikale Modelle wirtschaftlich interessant. Zwischen diesen Extremen bieten sich die Hybridlösungen an. 

Ein externer Partner wie ecoplanet kann hier eine entscheidende Rolle spielen: Durch digitale Tools, Automatisierung und Marktzugang kann ein spezialisierter Dienstleister interne Ressourcenlücken schließen und auch Unternehmen mit geringem Personaleinsatz ermöglichen, komplexere Modelle wie vertikale oder hybride Tranchenstrategien professionell umzusetzen. 

Schritt 3: Risikotoleranz definieren

Können Sie Mehrkosten von 10-15% in einzelnen Jahren verkraften, wenn dafür langfristig 5-8% Einsparungen möglich sind? Dann passen vertikale Modelle zu Ihnen. Sind stabile, planbare Kosten wichtiger als Optimierungschancen? Horizontale Modelle bieten die gewünschte Sicherheit.

Fazit - Strategische Entscheidung mit langfristiger Tragweite

Die Wahl zum Tranchenmodell definiert die strategische Ausrichtung Ihres Energiemanagements für die kommenden Jahre.

Horizontale Modelle bieten kalkulierbare Kosten, geringen Verwaltungsaufwand und robuste Performance auch in volatilen Marktphasen. Für Unternehmen mit begrenzten Energiemanagement-Ressourcen oder sehr stabilen Verbrauchsmustern sind sie oft die optimale Lösung.

Vertikale Modelle eignen sich für Unternehmen, die bereit sind, in professionelles Energiemanagement zu investieren und dafür Kostenvorteile und Flexibilität zu realisieren. Sie erfordern Expertise, kontinuierliche Marktbeobachtung und den Mut, kalkulierte Risiken einzugehen. Der Lohn sind typischerweise deutlich niedrigere Durchschnittskosten und die Fähigkeit, auf veränderte Marktbedingungen flexibel zu reagieren.

Hybrid-Ansätze kombinieren die Vorteile beider Welten und werden zunehmend zum neuen Standard. Sie bieten die Stabilität horizontaler Grundversorgung mit den Chancen vertikaler Optimierung. 

Erfolgreiche Tranchenstrategie erfordert:

  • Ehrliche Analyse der eigenen Fähigkeiten und Risikobereitschaft
  • Professionelle Umsetzung mit angemessener technischer Infrastruktur
  • Kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung an Marktveränderungen
  • Langfristiges Denken statt kurzfristiger Optimierung

Quellen